Dezember 2017

Rückblick auf 2017/Ausblick auf 2018: Die Europäische Union vor grundlegenden Reformen

2017 standen in zahlreichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Wahlen an. Insbesondere die Wahlen in Frankreich und Deutschland wurden als richtungsweisend für die weitere Entwicklung der Europäischen Union bewertet. Die Ergebnisse sind bekannt: In Frankreich siegte bei den Präsidentschaftswahlen Emmanuelle Macron mit seiner erst ein Jahr vor den Wahlen gegründeten Bewegung En Marche mit 66,2 % und auch bei den Wahlen zur französischen Nationalversammlung ging Macrons Bewegung mit 28,2% als stärkste Partei hervor. In Deutschland konnten bei der Bundestagswahl CDU/CSU gemeinsam 33 % der Stimmen auf sich vereinen, für eine Regierungsbildung (Mehrheitsregierung) ist aber eine Koalition mit den Grünen und den Liberalen (Jamaika) oder eine Neuauflage der Großen Koalition mit der SPD erforderlich.

In nahezu allen Mitgliedstaaten gibt es bis heute starke (rechts-)populistische, nationalistische Strömungen. So erzielte in Frankreich Marine le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 33,9 % der Stimmen, in den Niederlanden die Partei von Gert Wilders 13 %. In Österreich gelang es Sebastian Kurz, mit der ÖVP als stärkste Kraft bei den Nationalratswahlen hervorzugehen und damit den Höhenflug der rechtsnationalen FPÖ zu bremsen. Und mit 13 % Stimmenanteil konnte schließlich auch die AfD erstmals in den deutschen Bundestag einziehen.

Während in zahlreichen Mitgliedstaaten nicht nur bei den Wahlen starke nationale Stimmungen festzustellen sind, gibt es insbesondere durch die Debatten um den bevorstehenden Brexit Großbritanniens auch eine starke pro-europäische Bewegung. Theresa May erklärte am 29. März dieses Jahres den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, der nach dem Lissabon-Vertrag damit am 29. März 2019 wirksam werden wird, so diese Frist nicht einstimmig durch die 28 Mitgliedstaaten und das EU-Parlament verlängert wird. Seit Monaten beschäftigen uns CSU-Europaabgeordnete daher auch die Austrittsverhandlungen, wobei wir hierbei sowohl unser Interesse an dem gemeinsamen europäischen Binnenmarkt wie auch an den engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Bayern und UK im Auge behalten.

Wie sich die Europäische Union reformieren muss, wird in 2018 zu entscheiden sein. Kommissionspräsident Juncker hat hierzu in diesem Jahr seine Vorstellungen in seiner State of the Union-Rede formuliert. Im Oktober schließlich folgte Macrons Europarede vor der Sorbonne in Paris. Brauchen wir mehr Integration in der EU, weniger Europa, ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, reicht der Binnenmarkt und somit eine Wirtschaftsunion oder machen wir weiter wie gewohnt?

Die CSU-Europaabgeordneten haben sich immer für ein starkes Europa in den Bereichen ausgesprochen, die nur in der EU gemeinsam gelöst werden können wie im Bereich der Sicherheit, der Verteidigung, beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus, den internationalen Handelsverträgen und den gemeinsamen Regeln für den Binnenmarkt. Wir treten aber genauso entschieden für den Grundsatz der Subsidiarität und ein Europa der Regionen ein.

Insbesondere bei der Frage der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungspolitik werden wir weiter stark gefordert sein. Denn wir wollen die Eurozone stärken, Haftung und Verantwortung in einer Hand haben und sind strikt gegen eine Transfer-Union. Auch eine gemeinsame Einlagensicherung lehnen wir ab, es gilt Schulden abzubauen und nicht umzuverteilen.

Themen, die uns im Europäischen Parlament in diesem Jahr darüber hinaus intensiv beschäftigten, waren die Enthüllung der Paradise Papers, in denen erneut zahlreiche Praktiken der unlauteren Steuervermeidung und -optimierung innerhalb der Europäischen Union und international offenkundig wurden. Erschüttert hat uns in diesem Zusammenhang insbesondere die grausame Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Carua Garcia, die Steuerpraktiken in Malta recherchierte und ermittelte, dass auch Familienangehörige der Regierung in die unlauteren Praktiken involviert sein sollen. Auch auf Druck des Europäischen Parlaments untersucht nun eine internationale Kommission dieses fürchterliche Attentat.

Weiter arbeiten wir im Parlament an einem gemeinsamen Europäischen Asylrecht sowie einem sicheren Außengrenzenschutz. Diesem Ziel dient u.a. die Einführung des sog. Einreise-/Ausreiseregisters, das erst kürzlich im Parlament verabschiedet wurde.

Gegen Ungarn und Polen wurden in diesem Jahr sog. Rechtsstaatsverfahren initiiert, mit denen auf Korrekturen im Medienrecht und den staatlichen Strukturen hingewirkt werden soll. Auch diese Verfahren werden im nächsten Jahr im Fokus unserer Aufmerksamkeit stehen.