Mai/Juni 2018

Neue Regeln gegen Lohndumping, aber mit immenser Bürokratie

Neue Regeln gegen Lohndumping, aber mit immenser Bürokratie

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Standort. Wer von seiner Firma zum Arbeiten in ein anderes EU-Land entsandt wird, soll dort den gleichen Lohn wie Einheimische erhalten. So will es die überarbeitete Entsenderichtlinie des Europäischen Parlaments. Damit will man die Rechte von EU-Bürgern stärken, die von ihren Arbeitgebern in ein anderes EU-Land geschickt werden. Sie sollen auf diese Weise künftig besser vor Ausbeutung geschützt werden.

Das klingt zunächst gut. Doch sieht man sich die Vorgaben genau an, wird diese Richtlinie nicht Lohndumpimg bekämpfen, denn das ist nur mit Kontrollen vor Ort in den Griff zu kriegen. Schließlich gibt es bereits eine Entsenderichtlinie in der EU, die den Schutz der entsendeten Arbeitnehmer sicherstellen soll. Die neue Richtlinie führt vielmehr zu einem riesigen bürokratischen Aufwand, der gerade für den Mittelstand eine unverhältnismäßige Belastung sein wird.

Doch im Einzelnen:

Nach der neuen Richtlinie sollen ins EU-Ausland geschickte Arbeitnehmer den gleichen Lohn erhalten und unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie ihre einheimischen Kollegen. Auch die entsandten Arbeitnehmer erhalten danach z.B. Urlaubsgeld, 13. Monatsgehalt oder Gefahrenzulagen. Reise- und Unterkunftskosten sollen nicht zu Lasten der Entsandten gehen. Die Entsendungen sind künftig nur auf ein Jahr beschränkt - eine halbjährige Verlängerung ist unter bestimmten Umständen möglich. Nach Ablauf dieser Fristen gilt für die Arbeitnehmer aus Drittländern das gesamte Arbeits- und Sozialrechts des Landes, in dem sie arbeiten.

Bis Mitte 2020 müssen die Mitgliedsstaaten die neuen Regeln umsetzen.

Der Ruf nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit klingt zunächst plausibel. Doch sind nicht die Lebensverhältnisse in den Mitgliedstaaten noch sehr unterschiedlich und schränken wir im Binnenmarkt den Wettbewerb wirklich zum Vorteil der Arbeitnehmer ein? Nach der Neufassung der Richtlinie sollen künftig Tarifverträge auf alle Branchen ausgeweitet werden. Dies stellt für mich einen erheblichen Eingriff in die Tarifautonomie dar. Zudem bedeutet es einen ziemlichen Aufwand für die Unternehmen. Denn sie müssen nun alle für sie in Frage kommenden Tarifverträge des jeweiligen EU-Ziellandes kennen. Allein in Frankreich gibt es rund 800, in Belgien 16.000 Tarifverträge. Ein Riesenaufwand, speziell für kleinere und mittlere Unternehmen, die hier eine große Rechtsunsicherheit und ein enormes Haftungsrisiko eingehen.

Zudem führt die neue Richtlinie zu einer ziemlichen Bürokratie. Firmen werden es sich zweimal überlegen, ob sie noch Mitarbeiter ins Ausland schicken. Den Arbeitnehmern wird es daher eher erschwert, in anderen Ländern Europas Erfahrungen zu sammeln. Was aber nutzen alle Richtlinien, wenn es keine besseren und effektiveren Kontrollen gegen Missbrauch und Rechtsbruch gibt? Wer aber ist dafür zuständig?

Aus all diesen Gründen habe ich letztlich gegen die Reform der EU-Richtlinie gestimmt.