Designierte Kommissare auf dem Prüfstand - Abstimmung über neue EU-Kommission auf Februar verschoben

Designierte Kommissare

Nachdem die Bulgarin Rumiana Jeleva, die für den Posten der EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe vorgesehen war, ihre Kandidatur aufgrund unglücklicher Äußerungen über eine Firmenbeteiligung zurückziehen musste, wird sich die Abstimmung über die neue EU-Kommission auf Februar verschieben. Barrosos neue Mannschaft kann damit nicht wie geplant zum ersten Februar ihre Amtsgeschäfte aufnehmen. Die im Industrieausschuss des Europäischen Parlaments angehörten designierten Kommissare hinterließen aber einen überwiegend positiven Eindruck, erklärte Angelika Niebler (CSU). "Aus unserer Sicht steht der Amtseinführung von Günther Oettinger, Maíre Geoghegan-Quinn, Antonio Tajani und Neelie Kroes nichts mehr im Weg", so die oberbayerische Europaabgeordnete. "Einen Freifahrtschein bekommt von uns aber niemand - wir werden den zukünftigen Kommissaren bei ihrer Arbeit gründlich auf die Finger schauen."

Einen sehr guten und souveränen Eindruck bei seiner Anhörung hinterließ der künftige Energiekommissar Günther Oettinger. "Oettinger hat sich glänzend geschlagen. Er hat gezeigt, was die Herausforderungen der Energiepolitik der nächsten Jahre sind und die Antworten auf diese Fragen geliefert. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die europäische Energiepolitik bei Günther Oettinger in sehr guten Händen liegt", sagte Angelika Niebler nach der Anhörung. Der designierte Energiekommissar bezeichnete die drei Säulen Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit als die zentralen Zukunftsfelder der EU-Energiepolitik. Zur Art der Energieerzeugung in den EU-Ländern will Oettinger keine Vorgaben machen. Der Energiemix sei Sache der Mitgliedstaaten. Das Ziel sei aber, die CO2-Emissionen so gering wie möglich zu halten und dazu gehören die Stichworte Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Die Notwendigkeit des Netzausbaus ist ein weiteres zentrales Anliegen Oettingers. "Es ist richtig und notwendig, dass die Netze so gut ausgebaut sind, dass die verschiedensten Energieformen nebeneinander existieren und individuell eingespeist werden können", kommentierte Angelika Niebler. (Mehr Informationen zum neuen deutschen EU-Kommissar finden Sie in der Rubrik "Die Köpfe hinter den Nachrichten".)

Die europäische Forschungspolitik scheint bei der irischen Kandidatin Maíre Geoghegan-Quinn gut aufgehoben zu sein. Die designierte Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft, die vorher neun Jahre lang Mitglied des Europäischen Rechnungshofs war, will sich insbesondere um den Bürokratieabbau bei europäischen Forschungsprogrammen kümmern. Wissenschaftler an Hochschulen, Universitäten und Unternehmen klagen schon lange über hohe bürokratische Hürden, die sie in vielen Fällen davon abhalten, sich um Mittel aus dem 54 Milliarden Euro schweren Forschungsetat der EU zu bewerben. Daher versprach Geoghegan-Quinn, noch in diesem Jahr neue Vorschläge zum Bürokratieabbau vorzulegen. Ihre Maxime wird dabei sein: Weniger Regeln bedeuten weniger Fehler. Konkret sollen insbesondere kleinere Projekte, an denen gerade mittelständische Unternehmen sowie Hochschulen und Universitäten teilnehmen können, weniger strengen Vorgaben unterworfen werden. Des Weiteren versprach Geoghegan-Quinn, sich für eine Erhöhung des Frauenanteils in der Forschung einzusetzen. Sie will dabei in den kommissionsinternen Gremien beginnen und hier einen 40%-igen Frauenanteil erreichen. Unterstützung sagte sie auch für internationale Projekte wie die europäische Fusionsforschung zu, die u.a. in Garching bei München einen Forschungsschwerpunkt bildet.

Antonio Tajani, der aus dem Verkehrsressort auf den Posten des Industriekommissars wechseln wird, machte seine Sache ebenfalls gut. Er verdeutlichte, dass es im Industrie-Ressort kurzfristig um die Bekämpfung der Auswirkungen der Krise geht und langfristig darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erhöhen. Diese könne verbessert werden, wenn die Wirtschaft Europas sich verstärkt am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiere. Der Klimaschutz, so Tajani, sei sowohl eine wirtschaftliche als auch eine ethische Herausforderung. Die ehemalige Vorsitzende des Industrieausschusses, Angelika Niebler, begrüßte Tajanis Vorhaben, eine vorwärtsgewandte Industriepolitik zu entwerfen und die Bestrebungen im Bürokratieabbau fortzuführen. "Tajani hat die Rolle der mittelständischen Unternehmen für die europäische Wirtschaft und die Überwindung der Krise erkannt. Ich denke, er ist damit auf einem guten Weg", so die oberbayerische CSU-Europaabgeordnete.

Nicht für Begeisterungsstürme sorgte hingegen die Kandidatin für das Ressort "Digitale Agenda", Neelie Kroes. "Frau Kroes hat mich nicht vom Hocker gehauen. Ihre Antworten waren unpräzise und die angesprochenen Themen wurden nicht ausreichend besprochen. In der Anhörung wurde nicht deutlich, in welche Richtung wir mit ihr steuern", kritisierte Niebler. Sie bemängelte außerdem die fehlende Dynamik der designierten Kommissarin. "Ich hoffe sehr, dass Frau Kroes noch Visionen entwickelt und die Innovationsfreude der Unternehmen und Technikaufgeschlossenheit der Bürgerinnen und Bürger anfacht. Die EU darf ihre international starke Stellung in der Digitaltechnik nicht verlieren", so die CSU-Europaabgeordnete.