Wie stehen die Chancen für ein europäisches Leistungsschutzrecht? - Diskussion mit Journalisten und Verlegern im Presseclub München

Presseclub München

"Die Googles und Apples dieser Welt essen ein großes Stück des Kuchens, den sie nicht selbst gebacken haben. Es ist nicht richtig, dass da jemand die Früchte der Arbeit anderer zum eigenen Vorteil nutzt", findet Angelika Niebler, oberbayerische CSU-Europaabgeordnete und Vorsitzende der "Internet Today and Tomorrow"-Arbeitsgruppe der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Sie beschreibt damit bei einer Podiumsdiskussion des Bayerischen Journalistenverbandes im Münchner Presseclub die aktuelle Situation, die zur Forderung der Verleger nach einem eigenen Leistungsschutzrecht geführt hat. Erörtert wurde bei der Veranstaltung die Frage, ob ein Leistungsschutzrecht erforderlich ist und ob die Verlage durch Suchmaschinen wie Google tatsächlich so stark benachteiligt werden, dass der Gesetzgeber eingreifen muss. Während des Gesprächs versicherte Angelika Niebler, dass sich die Abgeordneten des Europaparlaments der Problematik bewusst seien, gab aber zu bedenken, dass ein europäisches Leistungsschutzrecht schwer umzusetzen wäre.

Das Internet revolutioniert unser Alltagsleben. So hat das Verb "googeln" Einzug in unseren Sprachgebrauch gefunden und ist mittlerweile auch im Duden aufgeführt. Auch in der Nachrichtenbranche gibt es grundlegende Veränderungen. Über Suchmaschinen wie Google News sind die Nachrichtenangebote von Zeitungen und Zeitschriften mit wenigen Klicks abrufbar - kostenlos. Die Inhalte werden von den Verlagen bereitgestellt, die Werbeerlöse aber wandern zu Google. Die Verleger sehen die Zukunft des Qualitätsjournalismus in Gefahr und fordern ein Leistungsschutzrecht, das für eine faire Verteilung der Einnahmen im Internet sorgen soll. Kritiker sehen hierbei eine Einschränkung der Informationsfreiheit im Internet.

"Die Frage ist: was können wir dagegen tun? Besteht die Obligation zu regulieren oder wird der Markt es von alleine regeln?", fragte Angelika Niebler und stellte klar: "Was wir gewährleisten müssen, ist die Netzneutralität. Wenn ein Anbieter wie Google solch eine marktbeherrschende Stellung hat, darf er Konkurrenzprodukte nicht bei Suchabfragen diskriminieren." Sie bezweifelte aber, dass das von den Verlegern geforderte Leistungsschutzrecht dies garantieren könne. Ende März werde die Europäische Kommission das Grünbuch für eine Strategie zum Schutz des geistigen Eigentums im Internet vorlegen, das bewusst keinen Vorschlag für ein europäisches Leistungsschutzrecht enthalten werde. Dafür gebe es zu große strukturelle Probleme. So sei z.B. nicht geklärt, wer das Geld eintreiben soll, wer letztendlich bezahlen muss und ob die Gebühr schon beim Ansehen von Seiten gelten soll.

Gegen das geplante Leistungsschutzrecht sprach sich auch der Kölner Medienrechtler Prof. Dr. Karl-Nikolaus Pfeifer aus. Die Forderung bringe "mehr Schaden als Nutzen" und stelle einen "klaren Systembruch mit dem geltenden Urheberrecht" dar. Außerdem erschwere es die Arbeit der Journalisten, die eine Lizenz erwerben müssten, wenn sie zur Recherchezwecken Kopien anfertigen oder Beiträge ausdrucken.

Jutta Müller, Geschäftsführerin des einladenden Bayerischen Journalistenverbandes, sagte zu den Forderungen der Verleger: "Wir sind nicht prinzipiell gegen ein Leistungsschutzrecht, wenn es den Journalisten neue Einnahmen beschert." Aber der BJV knüpfe ein "Ja" zum neuen Leistungsschutzrecht an die Bedingung, dass die Journalisten an den neuen Erlösen angemessen beteiligt werden müssten. "Wir denken da an eine Größenordnung von 50 Prozent". Zudem dürfte das Recht zur Zweitverwertung nicht geschmälert werden. Außerdem sei sicherzustellen, dass die Recherche dadurch nicht erschwert werde.