März 2015

Louise Weiss - Namensgeberin fürs Straßburger Parlamentsgebäude

Louise Weiss

Straßburg ist der offizielle Sitz des Europäischen Parlaments. Jeden Monat versammeln sich hier die Mitglieder, um in ihren Plenartagungen zu debattieren und abzustimmen. Dies passiert im Gebäude Louise Weiss. Dieser Name steht groß über dem Eingang des Hauptgebäudes am Ufer der Ill. Oft stellen Besucher die Frage: Wer war diese Louise Weiss eigentlich?

Die stets politisch engagierte Journalistin und Schriftstellerin gehörte zu den Europäern der ersten Stunde. Drei Hauptengagements zeichnen das Leben von Louise Weiss aus: Europa, die Frauenbewegung und der Journalismus. Weiss stammte aus einer Elsässer Familie. Ihre Mutter war eine Jüdin, ihr Vater ein elsässischer Ingenieur. Geboren am 25. Januar 1893 wächst Louise in Paris auf. Gegen den Willen der Familie wird sie Lehrerin. Mit 21 Jahren ist sie die damals jüngste Dozentin für Altphilologie, mit Diplom der Universität Oxford. Im Ersten Weltkrieg arbeitet Weiss als Kriegskrankenschwester. Schon damals veröffentlicht sie unter einem Pseudonym erste Presseartikel.

Von 1918 bis 1934 ist Weiss Herausgeberin der Zeitschrift "L'Europe novelle" (Neues Europa), eine der französischen und internationalen politischen Wochenzeitungen. Zu den Autoren gehören unter anderem Thomas Mann und Gustav Stresemann. Sie träumen von einer Vereinigung Europas.

Später gründet Louise Weiss die Propagandabewegung "Die neue Frau" und setzt sich bis Kriegsbeginn für das Wahlrecht der Frauen und die Stärkung der Rolle der Frauen im öffentlichen Leben ein. Sie organisiert Suffragetten-Kommandos und lässt sich mit anderen Frauen in Paris an eine Laterne anketten.

Während des Zweiten Weltkriegs ist sie im französischen Widerstand aktiv und Chefredakteurin einer geheimen Zeitung. Nach dem Krieg ist Weiss Mitbegründerin und Generalsekretärin des Instituts für Kriegs- und Konfliktforschung in London. Sie reist in den Nahen Osten, nach Japan, China, Vietnam, Afrika, Kenia, Madagaskar, Alaska, Indien und mehr, dreht Dokumentarfilme und schreibt Reiseberichte in Form von Romanen, Dokumentationen oder Reiseführern.

1968 verfasst sie den ersten Band der "Memoiren einer Europäerin", zwei Jahre später gründet sie eine eigene Stiftung, die sich für die europäische Einheit und die Friedenswissenschaft einsetzt. 1979 wird Louise Weiss bei der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments zur Abgeordneten gewählt. Sie ist zugleich die erste Alterspräsidentin.

1983 stirbt Louise Weiss im Alter von 90 Jahren in Paris. Bis zuletzt ist sie Mitglied der Parlamentarischen Kommission für Kultur, Jugend und Sport.

Seit 1999 trägt das Hauptgebäude des Europaparlaments in Straßburg ihren Namen.

Auf ihrem Grab steht die Inschrift, die sie selbst verfasst hat:
"Hier ruht Louise, die Europäerin, Französin des 20. Jahrhunderts, eine proletarische Aristokratin, eine respektvolle Gottlose, die Frauen werden sagen, dass sie den Engel erschaffen wollte, die Männer werden protestieren, dass sie das Biest erschaffen habe".