März 2019

Brexit entwickelt sich zum Desaster

Brexit entwickelt sich zum Desaster

Im britischen Unterhaus geht es seit Wochen ganz schön rund. Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste beim Brexit. Wir sind inzwischen ziemlich ratlos darüber, wie sich die Briten ihre Zukunft eigentlich vorstellen. Ich komme aus dem entsetzten Kopfschütteln irgendwie gar nicht mehr heraus. Dabei läuft Großbritannien die Zeit davon. Denn eigentlich sollte am 31. März die Mitgliedschaft in der Europäischen Union enden. Nun gibt es eine kurze Verlängerung bis zum 12. April. Bis dahin muss klar sein, was das Vereinigte Königreich will. Denn am 26. Mai haben wir Europawahlen und es muss entschieden sein, ob Großbritannien ausscheidet oder in der EU bleibt und damit an den Wahlen teilnimmt. Letzteres kann ich mir allerdings schwer vorstellen. Ich bin für ein zweites Referendum oder Neuwahlen. Wenn die Regierung nicht entscheiden kann und auch das Parlament ausfällt, wären Neuwahlen oder ein neues Referendum eigentlich die überzeugendste Lösung. Warten wir ab, das Vereinigte Königreich ist am Zuge.

Was erwartet uns im Falle eines harten Brexit? Ein "harter Brexit" hätte chaotische Auswirkungen auf die Wirtschaft, auch in Bayern. Großbritannien war noch 2016 der drittgrößte Exportmarkt für die bayerische Wirtschaft. So werden zum Beispiel 18 Prozent der in Bayern hergestellten Pkw ins Vereinte Königreich exportiert. Auch bei Arzneimitteln gibt es wichtige gegenseitige Handelsbeziehungen. Viele Lieferketten laufen über die Briten. Die betroffenen Firmen müssten sich auf Zölle, Grenzkontrollen, eingeschränkten Kapitalverkehr und hohe Hürden für die Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnis von entsandten Mitarbeitern sowie massive bürokratische und finanzielle Belastungen einstellen.

Ich habe einmal recherchiert: Es gibt etwa 460 Niederlassungen bayerischer Firmen in Großbritannien mit insgesamt rund 64.000 Mitarbeitern. Auf der anderen Seite haben britische Unternehmen 260 Niederlassungen in Bayern und beschäftigen rund 42.000 Mitarbeiter. Viele Produkte, die heute mit Gewinn für beide Seiten über den Kanal gehandelt werden, würden teurer und damit weniger wettbewerbsfähig. Der Schaden hätte negative Auswirkungen auf Unternehmensgewinne, Löhne, Gehälter und Steuereinnahmen.

Mit dem vom Unterhaus abgelehnten Austrittsabkommen sollten die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und umgekehrt gesichert werden. Zudem sollte es dafür sorgen, dass Großbritannien seine finanziellen Verbindlichkeiten gegenüber der EU erfüllt. Um eine neue Grenze zwischen Irland und Nordirland zu vermeiden, sollte Nordirland im EU-Binnenmarkt sowie Großbritannien als Ganzes solange in der Zollunion verbleiben, bis ein künftiges Handelsabkommen EU-Großbritannien ausgehandelt und in Kraft ist. Aber das haben die britischen Politiker ja in Bausch und Bogen abgelehnt. Genauso wie einen Austritt ohne Abkommen, also ohne Übergangsfrist.

An einem Brexit mit chaotischen Folgen kann niemand Interesse haben. Aber seien Sie sicher, die EU wird sich auch nicht derart erpressen lassen, dass die Briten sich am Ende die Rosinen herauspicken können. Der endgültige Austrittsvertrag muss übrigens von uns Abgeordneten im Europaparlament gebilligt werden.