Das Europäische Parlament war noch nie so einflussreich - Podiumsdiskussion zum Thema "Entmachtung der Parlamente"
In der Wahrnehmung der
deutschen Öffentlichkeit verlieren die Parlamente
als Institutionen, in denen die wichtigsten politischen
Weichenstellungen erörtert und entschieden werden,
fortlaufend an Bedeutung. Wichtige politische Themen werden
entweder in Politik-Talkshows diskutiert oder in außerparlamentarischen
Gremien und Kommissionen leisten den Prozess der politischen
Meinungsbildung, der eigentlich unter den gewählten
Volksvertretern in den Parlamenten stattfinden sollte.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach einer
"Entmachtung der Parlamente", die auch im Mittelpunkt
einer Podiumsdiskussion stand, für die die Deutsche
Sektion der Internationalen Juristen-Kommission kürzlich
in Bamberg prominente Teilnehmer gewinnen konnte.
Unter der Leitung von WDR-Intendant Fritz Pleitgen diskutierte
die oberbayerische Europaabgeordnete Dr. Angelika Niebler
mit dem "Infineon"-Aufsichtsratvorsitzenden,
Max Dietrich Kley, der ehemaligen Bundesverfassungsrichterin,
Prof. Karin Graßhof, der DGB-Vize-Vorsitzenden,
Ursula Engelen-Kefer sowie dem CSU-Bundestagsabgeordneten
Thomas Silberhorn.
Angelika Niebler wies darauf hin, dass entgegen dem allgemeinen
Trend der Parlamentarismus in der EU auf dem Vormarsch
sei. Denn während allenthalben der Machtverlust der
Parlamente beklagt wird, gilt für das Europäische
Parlament: Es hatte noch nie so viel Einfluss wie heute.
Als Beispiel kann man die jüngste Diskussion um einzelne
Kandidaten im Team des designierten Kommissionspräsidenten
Barroso anführen. Auf Druck des Parlaments hat der
Kommissionspräsident seinen Vorschlag zurückgezogen
und ein verändertes Personaltableau vorgestellt,
das mittlerweile bestätigt wurde. Genau dies ist
Ausdruck eines gewachsenen demokratischen Selbstbewusstseins
des Europäischen Parlaments.
Verständnis zeigte
Angelika Niebler für die Befürchtung ihres Bundestagskollegen
Thomas Silberhorn, der den geringen Gestaltungsspielraum
des Bundestages bei Entscheidungen auf europäischer
Ebene beklagte. Vor dem Hindergrund der Diskussion um
den europäischen Verfassungsvertrag sprach sich Angelika
Niebler dafür aus, die Mitentscheidungsbefugnisse
des Deutschen Bundestages bei europäischen Themen
zu stärken.
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