Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat massive Auswirkungen auf die EU. Die Energieversorgung geriet 2022 ins Stocken, die Energiepreise stiegen stark an. Auch bei uns in Bayern haben wir das deutlich zu spüren bekommen. Russland war zu der damaligen Zeit ein wichtiger Energielieferant für Deutschland. Die ersten Sanktionen führten zu einer starken Einschränkung der Lieferungen. Damals sprachen wir von einem „kalten Winter“. Deutschland und die EU befürchteten angesichts der Gasmangellage eine schwierige Energieversorgung. Vor allem die privaten Haushalte sowie die Unternehmen waren von den steigenden Preisen stark betroffen. Die EU wurde unmittelbar aktiv und beschloss einen Gaspreisdeckel. Wir beschleunigten den Übergang zu anderen Energiequellen, wie beispielsweise erneuerbare Energien. Auch die Gasspeicher wurden verpflichtend aufgefüllt, um eine winterfeste Versorgung sicherzustellen.
Wie also kann sich Russland den Krieg immer noch leisten? Die Antwort: Vor allem durch seine Exporte von Öl und Gas, aber auch von Roheisen und Platinum. Trotz der Sanktionen, die die EU für die Einfuhr von Kohle und Öl aus Russland erlassen hat, gibt es immer noch eine Reihe von Ländern, die mit Russland Geschäfte machen. Darunter auch europäische Staaten. Nicht nur Ungarn und die Slowakei, die große Mengen an Gas beziehen, auch Italien oder Österreich handeln nach wie vor mit Russland.
Auch wenn viel geschehen ist, stehen wir immer noch vor der Herausforderung, uns von russischen Gaslieferungen abzusagen. Im vergangenen Jahr machten Moskaus Gaslieferungen noch rund ein Fünftel aller Einfuhren aus. Mittlerweile kommt mehr als die Hälfte davon als Flüssigerdgas an. Im ersten Halbjahr 2025 importierte die EU nach Daten der EU-Statistikbehörde noch Flüssigerdgas aus Russland im Wert von fast 4,5 Milliarden Euro. Insgesamt belief sich der Import aus Russland seit der Ukraine-Invasion bis März 2025 auf eine Summe von circa 206 Milliarden Euro. Das entspricht dem Kauf von 2.400 F-35-Kampfjets. Oder den Betriebskosten für die Herstellung von gut 39 Millionen Tonnen Wasserstoff im Jahr. Ein weiteres Problem sind Schlupflöcher wie umetikettierte Importe, Schattenflotten und der Transit über Drittländer. So gelangt etwa russisches Öl in Form von verarbeiteten Produkten aus Indien in der EU.
Wir dürfen Putins Krieg nicht länger refinanzieren. Russland verhandelt nur über Frieden, wenn es dazu gezwungen wird. Mit einem weiteren Paket an Strafmaßnahmen will die EU Russland nun wirkungsvoller sanktionieren, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Dazu gehört ein schrittweises Importverbot von russischem Erdgas ab 2026 – sowohl per Pipeline als auch als Flüssiggas (LNG) per Schiff. Die vorübergehende Speicherung von Erdgas russischen Ursprungs in EU-Anlagen soll ab dem 1. Januar 2026 verboten werden. Für bestehende langfristige Verträge gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2027. Außerdem werden sämtliche Einfuhren russischen Öls, einschließlich Erdölprodukte aus russischem Rohöl, verboten und für solche Einfuhren eine vorherige Zollgenehmigung und die Überprüfung des Produktionslandes verlangt. Die Maßnahmen sehen außerdem eine Notfallklausel vor, falls plötzlich die Energieversorgung eines Mitgliedsstaats ernsthaft gefährdet ist. Jetzt müssen die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament noch auf eine gemeinsame Fassung einigen, dann treten die Vorgaben in Kraft.
Über die Jahre hinweg haben wir ein ganzes Arsenal an Strafmaßnahmen auf den Weg gebracht, um Russland wirtschaftlich in die Knie zu zwingen und uns für die nächsten Winter unabhängig zu machen. Zu einem erneuten „kalten Winter“ darf es nicht kommen. Russland setzt die Energie als Waffe gegen uns ein, doch wir werden uns nicht weiter erpressen lassen – auch im Sinne der Ukraine und ihrem Abwehrkampf.